10. Jahrgang besucht Dreigroschenoper

(Foto: Jörg Landsberg)

Am 12.02.2020 besuchte der 10. Jahrgang eine Aufführung von Brechts "Die Dreigroschenoper" im Theater Lübeck. Emily aus der 10b hat dazu eine Kritik verfasst.


Theaterkritik zum Stück
Die Dreigroschenoper

„Die Bettler betteln, die Diebe stehlen, die Huren huren. Ein Moritatensänger singt eine Moritat.“
Ein Ort, an dem wirklich keiner des Nachts umherwandeln möchte.
Ein Ort, wo Skrupel und Verbrechen keine Grenzen kennt.
Ein Ort namens Soho, mit einem Ruf wie kein anderer Stadtteil und doch ein Stadtviertel des so bekannten London.

Die Geschichte, um die es hier geht, handelt an genau diesem Ort. Die Geschichte von der noch so jungen Polly Peachum, welche sich in den berühmt-berüchtigtsten Mann der Stadt verliebt. Mackie Messer, Liebhaber von fast unzähligen Frauen, ist Anführer einer erfolgreichen Verbrecherbande. Und genau diesen verruchten Kerl heiratet Polly heimlich in einem Pferdestall.

Bild: Jörg Landsberg
(Foto: Jörg Landsberg)

Nicht weiter überraschend sind ihre Eltern alles andere als begeistert davon. Es beginnt ein regelrechter Kampf zwischen dem Schwerverbrecher Mackie Messer und Pollys Vater Jonathan Jeremiah Peachum, dem Geschäftsführer des Unternehmens „Bettlers Freund“.

Das frisch verheiratete Paar kann seine Zeit nicht allzu lang genießen, denn Pollys Vater Jonathan hat durch seine reizende Tochter herausgefunden, dass Macheath und der Londons Polizeichef, namens Brown, Jugendfreunde sind. Dieser Fakt erklärt die Tatsache, dass in Scotland Yard nichts gegen Macheath vorliegt.

Foto: Jörg Landsberg
(Foto: Jörg Landsberg)

Peachum geht also zu Brown, um Mackie Messer zur Rechenschaft zu ziehen. Mackie muss nun seine Ehefrau mit dem Geschäft allein lassen und flieht. Doch Männer folgen ihren Gewohnheiten und dies hat Pollys Mutter Celia schon vorgeahnt und stellt ihm eine Falle. Macheath flieht nämlich zu einer alten Geliebten, der Prosituierten Jenny. Kaum angekommen, schon überrascht ihn die Mutter seiner Frau mit einer Polizeistaffel, welche ihn aufgrund des von Herrn Peachum veranlassten Haftbefehls festnimmt. Doch so schnell wie Macheath in Old Bailey, dem berüchtigten Gefängnis, sitzt, so schnell ist er auch schon wieder draußen. Die folgende endgültige Verhaftung, erneut mit gütiger Mithilfe der Spekunken-Jenny, und die Hinrichtung, welche ein sehr überraschendes Ende findet, werden mit skurrilen Mitteln dargestellt.

Bertold Brecht ist bekannt für seine kritischen Stücke und auch dieses sehr parodierte Musical hat durch verschiedenste Szenen, die ins Lächerliche gezogen wurden, keine wirkliche Ernsthaftigkeit an sich. In dieser modernden Version, der schon fast hundert Jahre alten „Dreigroschenoper“, von Malte C. Lachmann inszeniert, wird ein altes Stück nun mit neueren Mitteln und Kostümen dargestellt. Die Parodie wird in vielen Szenen deutlich: Eine Hochzeit in einem Pferdestall mit nutzlosen Geschenken?  Gefängniswachen, die plötzlich zu Primaballerinen werden, und von Lametta umhüllt über die Bühne tänzeln.

Brechts episches Theaters wurde von den Schauspielern des Lübecker Theater so umgesetzt, dass man sich kaum entscheiden kann, ob man nun schmunzeln soll oder doch eine Augenbraue nach oben ziehen soll. Die Inszenierung ist zwar inhaltlich sehr nah an Bertolt Brechts Vorlage, doch die Zeit, in der sie spielt, ist nicht dieselbe. Im Gegensatz zum Original, wo die dort vorkommende Krönung auf die von Königin Victoria im Jahre 1837 anspielt, überraschen den Zuschauer Kostüme, die eher an die 1970er-Jahre erinnern. Oder doch noch später? Denn in einer Szene bekommt der Zuschauer sogar auf einmal ein iPad zu sehen. Die zeitlich nicht ganz einzuordnende Handlung verwirrt den Zuschauer ein wenig, die Kostüme wirken an einigen Stellen ungeplant, wie z.B. am Ende, wo es mehr nach einem Gewirr aus Neonfarben und der eigentlichen Garderobe ausschaut als nach einem ordentlichen und so gewollten Kostüm. Die Kulisse wiederum ist sehr beeindruckend. Ob nach oben, unten, zur Seite oder nach hinten, bewegt wurde die Kulisse fast nach jedem Bild. Schlicht gehalten und trotzdem individuell an jede Situation angepasst, gibt es stets abwechslungsreiche Bühnenbilder zu sehen, welche die Handlungen unterstreichen. Wie die Zelle, welche durch einen Kasten aus drei Wänden, Dach und Boden dargestellt wird.

Foto: Jörg Landsberg
(Foto: Jörg Landsberg)

Simpel und dennoch gut erkennbar. Kleine Tricks und Wow-Effekte werden hier durch den simplen Trick bei Mackies Flucht eingebaut. Bei dieser wurde die Zelle gedreht und plötzlich verschwindet der Schauspieler hinter dem Kasten.

Hervorragend unterstützt wurde das gesamte Musical durch das im Bühnengraben sitzende Orchester, was durch seine Instrumentenvielfalt, vom Flügel, der Gitarre, einem Saxophon, aber auch einer Flöte, einem Schlagzeug und einigem mehr die vielen gesungenen Lieder unterstützt. Durch das Hochfahren des Orchesters bei aufregenderen und mitreißenden Liedern wird die Wirkung glatt zu der in einer richtigen Oper verwandelt. Lieder, die einer Mischung aus Arien und Sprechgesang ähnelten, werden in diesem Stück viel und häufig eingebaut. Gesungen werden sie von den Schauspielern selbst, welche alle über hervorragende und beeindruckende Stimmen verfügen.

Im Gesamten ein fesselndes und spannendes Stück, mit toller Musik und beeindruckender Kulisse, aber für meinen Geschmack zu modern inszeniert. Eine genauer eingeordnete Zeit, was Kostüme und Kulisse angeht, hätte mehr Klarheit geschaffen und einem mehr Freiraum gegeben, sich auf den Inhalt und die Message des Stücks zu konzentrieren.

(verfasst von Emily, 10b; redigiert von Mü; Die Fotos sind zur Veröffentlichung auf dieser Homepage freigegeben, © Jörg Landsberg; Theater Lübeck)