Nanaspinnen

Der Kunstkurs hatte die Aufgabe in Gruppenarbeit zwei künstlerische Ansätze in einem eigenständigen Werk zu vereinen. Als Vorbild dienten Niki de Saint Phalle und Louise Bourgeois. Sie zählen zu den bedeutendsten Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts. Ihre Biografien weisen trotz aller individuellen Eigenheiten bemerkenswerte Parallelen auf, die ihr künstlerisches Schaffen ebenso wie ihren gesellschaftlichen Werdegang geprägt haben.

  

Beide Künstlerinnen wuchsen in Familien auf, die von Brüchen und Unsicherheiten geprägt waren. Louise Bourgeois wurde 1911 in Paris geboren und verbrachte ihre Kindheit zwischen Frankreich und den Textilwerkstätten ihrer Eltern, was später Thema vieler Werke wurde. Niki de Saint Phalle kam 1930 in Frankreich zur Welt, wuchs jedoch überwiegend in den USA auf. In beider Leben spielten traumatische Erfahrungen in der Familie eine zentrale Rolle, die sie später in ihrer Kunst verarbeiteten.

  

Sowohl Saint Phalle als auch Bourgeois fanden ihren Weg in die Kunst abseits akademischer Pfade. Sie begannen autodidaktisch und fanden erst über Umwege zur Bildhauerei. Beide setzten sich intensiv mit persönlichen Themen wie Identität, Weiblichkeit und psychischen Konflikten auseinander und schufen Werke, die oft als radikal und provozierend galten.

  

Ein weiterer gemeinsamer Nenner ist das starke Engagement für feministische Themen. Saint Phalle wurde für ihre monumentalen, farbenfrohen „Nana“-Skulpturen bekannt, die das traditionelle Frauenbild bewusst ironisierten und konterkarierten. Bourgeois hingegen lotete mit ihren Skulpturen und Installationen die Komplexität von Mutterschaft, Sexualität und Angst aus und griff dabei häufig auf Symbole wie Spinnen und Zellen zurück.

  

Beide Frauen arbeiteten bis ins hohe Alter und waren zeitlebens international aktiv. Sie erhielten zahlreiche Auszeichnungen und wurden zu Wegbereiterinnen für nachfolgende Künstler*innengenerationen. Ihre Werke sind heute in bedeutenden Museen und im öffentlichen Raum weltweit vertreten.

  

Niki de Saint Phalle und Louise Bourgeois stehen exemplarisch für eine Generation von Künstlerinnen, die persönliche Traumata und gesellschaftliche Beschränkungen in kreativ-visionäre Ausdrucksformen verwandelten. Ihr Leben und Werk sind geprägt von der Suche nach Selbstbestimmung und dem Mut, sich künstlerisch wie privat gegen Konventionen zu behaupten.

  
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(Kun12, Ro; 01.07.2025)