Gier - "Axensprung" gastiert an der SLG
Feiern ohne Blick auf Morgen oder doch Angst haben vor dem nächsten politischen Putsch? Die Lust auf Freiheit und die dennoch immerwährende Angst vor einer ungewissen Zukunft wird in dem Theaterstück Gier fantastisch gut zur Veranschaulichung gebracht.
Am 4. Dezember 2019 hatte die Selma-Lagerlöf-Gemeinschaftsschule die Schauspielgruppe Axensprung zu Gast, welche den Schülerinnen und Schülern der Jahrgänge 10-13 ihr Stück Gier präsentierte. Das Besondere an dieser Theatergruppe ist, dass sie alles selber machen. Ob es das Schreiben des Stückes ist, ihre Texte oder die abwechslungsreiche Musik, selbst ihre Kulissen gestalten und bauen die Schauspieler selber auf.
Das Stück handelt von dem Beginn der Weimarer Republik und somit der ersten deutschen Demokratie, welche in den Leuten die Gier nach weiterer Freiheit auslöste. Begonnen hat es mit den Verhandlungen des für Deutschland so verheerenden Versailler Vertrages. Weiter ging es damit, dass die Schauspieler die Ursprünge der Demokratie in einer Metapher als kleines, noch sehr junges und verwundbares Kind beschrieben. Auf die, durch die Demokratie neu errungene Freiheit, folgten dann die Goldenen Zwanziger und die Thematisierung der dortigen Veränderungen für die Bevölkerung: Zum Beispiel das erstmalige öffentliche Ausleben von Homosexualität oder andere neu errungene Rechte, wie das Wahlrecht für Frauen.
Die Vor- und Nachteile der Inflation, welche zur Hyperinflation wurde, zeigten sich, aber auch die Konflikte zwischen den rechten und linken Parteien, welche durch eine Pressekonferenz verdeutlicht wurden. Der langsame Untergang der noch so jungen Demokratie durch die im Untergrund arbeitenden Nationalsozialisten, welche verschiedene Putschversuche ausübten, wurde ebenfalls dargestellt.
Interessant war auch, dass am Ende des Stückes mit einzelnen Kommentaren Adolf Hitler angesprochen und durch abwertende Formulierungen die damalige Unterschätzung des späteren Diktators deutlich gemacht wurde.
Die Wirkung des Theaterstücks wurde durch verschiedenste Mittel erzielt, unter anderem durch die hervorragenden Kostüme, welche je nach Situation angepasst wurden. So waren z. B. besondere Kleider aus den 1920er-Jahren zu sehen. Außerdem haben meiner Ansicht nach die Stimmen der Schauspieler sehr gut zu den Rollen, die sie verkörperten, gepasst. Gerade die männlichen Stimmen von Oliver Hermann, Erik Schäffler und Markus Voigt haben die Härte der damaligen Männer gut vermittelt.
Die von den Schauspielern selbst ausgeklügelte Kulisse hat dank der Leinwand den Wechsel der Orte, an dem das Stück gerade spielte, um einiges vereinfacht. Dem Zuschauer fiel es dadurch leichter, sich in die jeweilige Zeit hineinzuversetzen. Vielfalt wurde auch durch verschiedenste musikalische Inszenierungen eingebracht.
Markus Voigt sorgte mit seiner Posaune für hervorragend Unterhaltung. Sein und der Gesang von Angelina Kamp haben mit ihrem Inhalt an politischen Themen das Ganze spannend und zugleich interessant gemacht. Die Professionalität der Schauspieler kam also in vielerlei Hinsicht zur Geltung.
Gerade für Schüler, welche aktuell genau diese Themen im Unterricht behandeln, war es ein spannender Einblick, die Visualisierung des Lebens der Menschen in der Zeit der Weimarer Republik zu erleben.
Weitere Informationen zum Stück und zu den Darstellern
(Emily, 10b; Mü)